Du befindest Dich hier:Home|Musik Ska
Date/Time:

Soundsystems & The Skatalites

In den 50-er Jahren schenkten die Jugendlichen in Kingston dem R&B mehr Gehör als dem volkstümlichen Mento. Bei klarer Nacht konnte man sich die neuesten Stücke von US-Radiosendern anhören. Begeistert vom Sound eines Fats Domino oder Nat King Cole war es nur noch eine Frage der Zeit bis jamaikanische Bands anfingen den amerikanischen Rhythm & Blues mit einheimischen Mento und Jazz-Elementen (besonders in der Bläsersektion) zu bespicken. Das hieraus resultierende Stilgemisch nannte sich Ska.

Wie der Name "Ska" zustande kam, weiß niemand so recht. Ernest Ranglin, ein jamaikanischer Jazz-Gitarrist erklärt, das Wort sei von Musikern geprägt worden, "um den Schrammelton ("Skat!Skat!Skat!") auf der Gitarre zu beschreiben, der im Hintergrund zu hören ist".


VIDEO: Ernest Ranglin
"Surfin" live in Glastonbury 1997, 3:10 Min



Ende der 50-er kam in den USA dann ein neuer Stil auf, der Rock´n´Roll. In Jamaika bekam man daher keine neuen R&B-Platten mehr. Die Eigentümer von Plattenläden fingen an, die R&B-Stücke zu kopieren oder selbst welche zu produzieren. Vorgabe waren vor allem schnelle und harte R&B-Stücke, die den 1. und 3. Takt betonten, ähnlich wie beim Mento. Nun betonte man zusätzlich noch den 2. und 4. Takt "der den Eindruck permanenter Synkopenbildung, eine Art Dauerspannung bewirkte".

Um die Konsumenten mit den neusten Scheiben zu versorgen, ließen sich die Besitzer von Plattenläden einiges einfallen. Mobile Soundsysteme - eine Art fahrende Disko - wurden ins Leben gerufen. Aus riesigen Lautsprecherboxen, die auf kleine Lkws geladen wurden, schallten von nun an die neusten Scheiben, die von Discjockeys aufgelegt wurden.
Am Plattenspieler der
"yard-Parties und blue dances" standen schon damals Größen wie Coxsone Dodd und Duke Reid. Bei den öffentlichen Aufführungen verbreiteten die DJs ihre Kommentare zu Land und Leuten oder erzählten (toasteten) was ihnen gerade einfiel.

"Toasting", Jahre später als Rap in Amerika wiederentdeckt, hat hier seine Wurzeln. Ein oft zu hörender Einheizspruch der DJs war zu diesen Zeiten: "Stay and Ketch it Again!". Um die Gunst des Zuhörers wurde erbittert gestritten. Das Abkratzen der Etiketten auf den Singles gehörte zu den vergleichsweise harmlosen Vorgehensweisen. Die Namen der Interpreten wurden vor der Konkurrenz versteckt gehalten, damit andere Soundsystems nicht die gleichen Scheiben spielen konnten.
Jedes Soundsystem hatte seinen Scout, der Musikstücke aus den USA besorgte und der während Tanzveranstaltungen eines rivalisierenden Sounds versuchte, die Titel der gespielten Lieder auszukundschaften. Manchmal schickte man auch "Dance Hall Crashers", einen Schlägertrupp, zum verfeindeten Soundsystem.


The Skatalites

Zur Zeit der Soundsystems war Exklusivität beim Publikum gefragt. So dauerte es nicht lange, bis man mit einheimischen Musikern eigene Singles produzierte. An dieser Stelle darf eine Band nicht ungenannt bleiben, die sich damals aus Live- und Studiomusikern zusammengefunden hatte und sich 1963 den Namen "Skatalites" gab.
Ihre Musik war stark vom Jazz und vom Burru der Rastas beeinflusst. Die ursprünglichen Mitglieder entstammten den ärmeren Gegenden Kingstons. Wie viele Jugendliche damals, die musikalisch Karriere machen wollten, besuchten sie die katholische Alpha Boys School in West Kingston die europäische Musik lehrte. Vom Establishment wurde ihre Musik aber abwertend als "bongo music" bezeichnet. Ihre Hits "Guns of Navarone", "Man in the street", "Phoenix City" und viele andere sind bis heute unvergessen und werden von vielen Skabands als Tribute an die Skatalites nachgespielt. Obgleich sich die Band 1965 auflöste, fanden sich die einzelnen Musiker in neuen Formationen zusammen und beglückten die Hörerschaft mit ihren Kompositionen. Die Skatalites formierten sich Ende der achtziger Jahre neu - darunter vier Musiker der Originalbesetzung - und sind seitdem auch live wieder zu sehen. Mit Aufkommen des Ska wurde auf Jamaika nicht nur ein Wirtschaftszweig ins Leben gerufen, Ska war mehr. Eine Stimme des Volkes und eine Deklaration für Freiheit und Gleichheit. Ein Ruf der im Laufe der Zeit auf der ganzen Welt zu hören sein sollte.

Kennzeichnend für den Ska sind die Afterbeats oder auch Offbeats, den Nachschlägen "auf den und-Zählzeiten gegenüber der auf den Zählzeiten gespielten Basslinie. Ska kombinierte den amerikanischen R&B mit Elementen des Jazz, Mento und dem Rhythmus der Rasta-Trommeln." Eine typische Ska-Band bestand aus einem guten Dutzend Musiker, die für den Rhythmus und für den Offbeat, der durch Bläser, dem Piano und später auch durch die Rhythmusgitarre gespielt wurde, zuständig waren.

Ein Grund für die Popularität von Ska war auch die allgemeine euphorische Stimmung der Jamaikaner, denn Ska war eine Party- bzw. Tanzmusik. In den Tanzbewegungen wurden häusliche Aktivitäten und Freizeitaktivitäten dargestellt.


VIDEO: Byron Lee & The Dragonaires
"Jamaica Ska" Filmausschnitt aus "This is Ska", 1:58 Min




Ska international

Kein geringerer als Chris Blackwell verhalf der jamaikanischen Musik auch international auf die Sprünge. Blackwell, ein Anglo-Jamaikaner, der 1962 sein kleines Blue Mountain/Island Label mit nach England brachte, erwarb viele Master-Tapes, die in Kingston produziert worden waren. Unter seinen Künstlern waren so namhafte Größen wie Jimmy Cliff, Derrick Morgan und Bob Marley.

In England traf Blackwell mit seinen zukunftsweisenden jamaikanischen Rock-Platten auf Sympathie bei der modebewußten Mod-und Skinhead Bewegung. Der große Durchbruch in Sachen Ska gelang 1964 als mit "My Boy Lollipop" die von Chris Blackwell gemanagte Millie Small einen US-Hit landete. Gleichzeitig entwickelten sich in den Ghettos von Kingston und etwas später in den Londoner Vororten die sogenannten Rude Boys. Meist arbeitslose Jugendliche, die sich in kleinkriminellen Banden zusammenfanden, und ihr perspektivloses Dasein mit besonders stilvoller Kleidung erträglicher zu gestalten versuchten. Diese Bewegung stellte eine Vorbildfunktion für die späteren Hard-Mods und Skinheads dar.

Viele Songs nehmen direkt auf sie Bezug, wie z.B. das bekannte Lied von den Wailers "Simmer down". Wie es dazu kam, dass aus Ska Rocksteady wurde, darum ranken sich verschiedene Legenden.




Auch diese Artikel lesen:

Traditionelles
Rocksteady
Reggae
2Tone & Blue Beat
Dancehall


Literatur-Tipps:

Reggae & Ska Bücher (Biographien & Lexika)


CD-Tipps:

Traditional Ska CDs
Ska-Jazz CDs
Studio One CDs
Trojan Records CDs




© 2001 Stephan Li, Wien. Aus der Semesterarbeit "Chant Down Babylon, Sklaverei in Jamaika - Widerstand und kulturelle Auswirkungen".


Alle Inhalte dieser Homepage (Texte, Bilder, Grafiken, etc.) sind urheberrechtlich geschützt. Eine Verwendung von Inhalten ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Betreibers erlaubt.

Unterthemen
   
Keine Unterthemen
vorhanden
 
 
Supported by
 
 
 
 
Inspector
 
 
Kontakt
Impressum
Rechtl. Hinweise
Partner werden
Mediadaten
Sponsoren
   
Unser Tipp
 
 

Bass Culture, dtsch. Ausg. 700 Seiten Infos


[mehr lesen]